Dienstag, 30. Oktober 2007

Energieverschwendung aus religiösen Gründen…

Wie vielleicht teile meiner Leserschaft wissen darf ein gläubiger Jude an Sabbat kein Feuer zünden. Sabbat geht von Freitagabend bis Samstagabend. Also jede Woche ca. 24 Stunden. Somit darf in dieser Zeit kein Licht an geschalten werden. Man könnte nun die akute Energie Verschwendung in Israel an vielen Beispielen erläutern. Ich werde es anhand eines Kühlschranks darlegen. Wie auch in Deutschland haben Kühlschränke gewöhnlich Licht, damit man bei Dunkelheit etwas darin findet. 24 Stunden beinhalten viel Dunkelheit. Undenkbar das beim Öffnen an Sabbat das Licht im Kühlschrank anginge, das wäre ein Vergehen sondergleichen. Also haben Kühlschrankhersteller in Israel eine Sabbat-Schaltung eingebaut. Dies ist eine Klammer die den Auslöser für das Licht auf "Dauer-An" stellt. Also Schnell am Freitag die Klammer vor den Schalter und man kann sicher sein, dass das Licht bis auf weiteres an geschaltet ist. Man zündet also keinen Funken wenn man den Kühlschrank öffnet. Lustig ist nun wenn man ein ultra-orthodoxer Jude ist und vergessen hat diesen Schalter rein zu machen. Da gibt's dann bis Samstagabend nix aus dem Kühlschrank! Nun machen diese Orthodoxen ja Kinder ohne Stopp, wie ein Israelischer Freund von mir zusagen pflegt. Was also mit diesen 7,8,9 Kindern die es zu versorgen gilt. Ein legitimer Ausweg ist sich einen Nicht-Juden –umgangssprachlich Goi – zu suchen, der diesen Schalter für einen betätigt. Der Besitzer des Kühlschrankes darf aber keine klarer Aufforderung oder Bitte an den Goi richten. Dies macht die Sache natürlich zu einem interessanten Gesellschaftsspiel. Verrücktes Land!
Um auf das Thema der Energieverschwendung zurück zu kommen. Ich glaube wenn die ca. 250 Tausend orthodoxen Juden in Jerusalem auf die Sabbat-Schaltung im Kühlschrank verzichten würden, könnten die Australier wieder richtige Glühbirnen benutzen. Ich glaube das würde sich rein CO2 technisch ausgleichen. Ach und wo wir grad beim CO2 Ausstoß sind, würde das umgesetzt, könnte man Ale Gore den Nobelpreis wegnehmen und ihn diesen ultra-orthodoxen Rabbis hier in Jerusalem geben. Die wüssten zwar nicht was das ist, weil es ihnen verboten ist Fernsehen zu schauen und Zeitung zu lesen, könnten in den Augen der Weltöffentlichkeit aber mit guter Publicity glänzen. Natürlich rein Hypothetisch!

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Über die Westbank zum See Genezareth...

Diese Nacht habe ich auf dem Ölberg verbracht. Im „Deutschen Evangelischen Institut für Altertumsforschung des Heiligen Landes“ gibt es Gästezimmer. In einem wohnt Florian, er studiert an der „Hebrew University“ und hat ein Auto ausgeliehen. In Ost-Jerusalem holen wir Sebastian ab. Er ist Medizin Student und macht ein Praktikum in einem Palästinensischen Krankenhaus. Zu dritt wollen wir Richtung Norden fahren. Wir wählen den Weg durch die Palästinensischen Gebiete, also zuerst Richtung Jordanien und dann die Straße Richtung Tiberias entlang.

Kurz hinter Jericho fällt uns dann ein Aussichtpunkt der Israelischen Streitkräfte (IDF) auf. Er ist nicht besetzt! Wir beschließen uns diesen Außenposten näher anzuschauen. Man kann hier sehr gut sehen das Jericho völlig abgeriegelt ist.


Unser kleiner Mietwagen auf einer Anhöhe vor Jericho.


Florian vor einer verlassenen Stellung der Armee.


Blick aus einer Schießscharte des Aussichtspostens vor Jericho.

Nach dem wir durch einen Checkpoint im Norden die Westbank wieder verlassen haben, besichtigen wir die Kreuzfahrer Festung Belvoir.


Blick über die Festung auf das Jordantal.


Sebastian (rechts) und Florian unter einem Torbogen der Festung. Im Hintergrund sieht man die jordanischen Berge.


Nach ein paar weiteren Kilometern und mit der Nähe zum See Genezareth fungiert der Jordan nicht mehr als Grenzfluss. Wir können ihn also überqueren ohne uns in Jordanien zu befinden. Ein wirklich niedliches Rinnsal dieser Jordan!


Bild vom Fluss Jordan direkt am See Genezareth. Hier ist er noch breit!


Am See Genezareth angekommen zieht es uns erstmal ins Wasser. Leider fehlt diesem großen See ein richtiger Sandstrand. Dafür ist er mit Süßwasser gefüllt! Im Gegensatz zum Toten Meer kann man hier endlich mal richtig Baden. Es eröffnet sich uns ein schöner Blick auf Tiberias. Bei angenehmen 30°C und einem leichten Lüftchen, liegen wir in der Sonnen.


Blick auf Tiberias wie es sich in den See Genezareth erstreckt.


Nach einer kleinen Zwischenmahlzeit machen wir uns nun auf den Weg nach Afula. Ricarda eine ASF-Freiwillige die in einem Dorf für Menschen mit Behinderung arbeitet und wohnt, möchte über das Wochenende gern nach Jerusalem. Wir schauen uns noch ihren Arbeitsplatz an und fahren dann zu viert wieder nach Jerusalem.
Bei der Rückfahrt wird mir bewusst wo ich hier bin! Wir passieren 2 israelische Checkpoints! Sehen Palästinenser und Beduinen wie sie zu Fuß und mit Eseln durch die Westbank ziehen. Wir fahren an Jericho, der wohl ältesten Stadt der Welt vorbei. Wir sehen Roadblocks und andere Barrieren die Palästinensische Straßen unpassierbar machen. Wir treffen auf viele Soldaten. Wir sehen wie Panzer verlegt werden. Wir begreifen wie die Westbank von Israelischen Siedlungen durchzogen ist. Aber trotzdem merkt man, dass die Mehrheit einfach nur normal leben will.


Verdammt viel für einen Tag…!


Auf einer Anhöhe bei Jericho.




Schöne Grüße nach Hause... Alles Gute zum Geburtstag Dominique und viel Erfolg in Hamburg...


p.s. 30°C, kurze Hosen, Baden und alles Ende Oktober... *ätsch*



Mittwoch, 17. Oktober 2007

Vom Ölberg zum Toten Meer und zurück...

Am Morgen war ich noch in Jerusalem Arbeiten und am Nachmittag bade ich im Toten Meer. Wobei Baden wirklich übertrieben wäre. Das Wasser ist salzig, das war mir klar. Aber was das heißt war mir nicht so klar. Jede Stelle meiner Haut die Empfindlich ist brannte. Das Wasser ist so salzig, dass man es wirklich nicht lange aushält. Anschließend folgt noch das obligatorisch Einreiben mit diesem Schlamm, der so angenehm sein soll. Ich fand wir stanken extrem nach fauligen Eiern. Naja muss sein! Danach geht es wieder nach Jerusalem. Es dämmert schon. An Israelischen Siedlungen und Beduinen vorbeifahrend unterhalten wir uns mit einer israelischen Lehrerin, die wir am Straßenrand aufschnappt haben. Sie klärt uns über ihre Sicht des Nahostkonflikts auf, was wirklich sehr erhellend war. Mit den Details dieses Gespräches ließen sich Seiten füllen. Nur soviel, ihr Bruder hat ein Auge bei einem terroristischen Anschlag verloren. Somit ist klar wie viel Verständnis sie für die Palästinensische Seite aufbringen will und kann.

In Jerusalem angekommen, werfen wir sie an einer Bushaltestelle raus und fahren auf den Ölberg wo wir den Besuch von Herta Däubler-Gmelin erwarten. Sie hält einen Vortrag über Menschenrechte. Mit dem Input aus dem Gespräch im Auto wirkt diese Diskussion sehr steril und künstlich. Nach ein bisschen Smalltalk mit Frau Däubler-Gmelin und einem wunderschönen Blick über die hell erleuchtet Westbank, nehme ich meinen Schlafsack und lege mich schlafen.


Viele Eindrücke, wenig Erkenntnisse und massig Worthülsen.


Euer André

Meine Arbeit im Beit Frankforter...

Hallo alle zusammen! Ich sitz grad in der Wohnung kurz vor dem losradeln. Um 9 Uhr muss ich im Beit Frankforter sein. Ich fahre heute das sechste mal dort hin. Es ist mein zweites Projekt neben dem Beit Ben Yehuda. Ich arbeite dort 10 Stunden in der Woche, was nicht wirklich viel ist. Das Haus (Beit) liegt nur ungefähr 20 min von unserer Wohnung entfernt. Es ist eine Altentagesstätte, also ein Kindergarten für alte Leute. Morgens kommen sie in einem Bus dort an. Ich helfe ihnen dann beim aussteigen, was sie in den wenigsten Fällen wollen, aber wirklich nötig ist. Nun versuche ich ein bisschen beim Frühstück zu helfen. Wenn die ca. 30 älteren Israelis dann gefrühstückt haben, setze ich mich zu ihnen und unterhalte mich. Oder besser ich versuche es! Im ganzen Haus gibt es maximal 2 Leute die ein bisschen Englisch können, der Rest spricht Hebräisch plus eine andere Sprache, also Hebräisch und Tschechisch oder Hebräisch und Französische oder Hebräisch und Ungarisch. Ein bisschen Französisch zu verstehen ist wirklich nicht von Nachteil. Also hier sei mal mein Französisch Lehrer aus der Schule gegrüßt. Lustig ist auch das man in Israel schnell die ganze Bibel um sich versammelt hat. "Guten Morgen Salomon!" "Shalom Mose!" "Wie gehts David?"


Das ist der Haupteingang. Dort befindet sich auch ein kleines Café.


Das sind Adrian und Saba. Adrian kann „nur“ Hebräisch und Arabisch, ist aber mein bester hebräisch Lehrer. Saba ist Rabbiner aus New York. Er hat eine sehr interessante Biographie die ich im verlaufe des Jahres noch ausführlich beleuchten werde. Ursprünglich kommt er aus Polen.


Ich hätte es ja vor zwei Monaten nicht für möglich gehalten, aber die Arbeit in diesem Haus macht wirklich Spaß. Alle älteren Herren und Damen die sich tagsüber hier aufhalten sind noch sehr fit, geistig sowie körperlich. Somit unterhalte ich mich eigentlich 9 von 10 Stunden die ich in der Woche dort bin. Ausserdem hat Adrian noch einen Partie Schach offen und Mosche schuldet mir noch eine Zigarette!

Also schöne Grüße aus Jerusalem... euer André

Samstag, 6. Oktober 2007

Mein erster Arbeitstag im Beit Ben Yehuda...

Es ist 5:30 Uhr als ich meine Augen öffne. Nicht aus purer Freude am früh Aufstehen, sonder weil sich für 6:00 Uhr eine Reisegruppe angesagt hat. Ich quäle mich aus dem Bett. Auf Zehenspitzen steige ich über einen schlafenden Mitfreiwilligen. Wir haben nämlich zurzeit noch drei ASF-Freiwillige in unserer Vierer WG aufgenommen. Kurz ins Bad, dann in die Küche, die Zeit reicht noch für eine Banane und einen Kaffee. Danach schnell runter auf das Fahrrad und ab zum Beit Ben Yehuda(BBY). Ich fahre 10 min von der WG bis zur Arbeit. Während der Fahrt geht mir einiges durch den Kopf. Die Einweisung am Montag erhob nicht unbedingt den Anspruch ausführlich zu sein. Sollten die mageren Informationen reichen um am ersten Tag allein zwei Gruppen in Empfang zu nehmen. Allein weil meine Vorgesetzte an Samstagen nicht arbeitet. Und der Rest der Belegschaft Urlaub hat. Ich frage mich warum das ausgerechnet an meinem ersten Tag so sein muss.
Vor meinem Fahrradlenker taucht das BBY auf. Beim absteigen streift mein Blick die Reihe aus Blumenkästen die auf der Begrenzungsmauer stehen. Einer lag direkt auf dem Boden und hatte seine Erde über den Weg verstreut. Blumenerde auffegen sollte meine erste Amtshandlung werden.
Erst einmal schließe ich Fahrrad an und Jugendherberge auf. Das Haus ist vollkommen leer. Eine Totenstille herrscht. Das noch schwache Sonnenlicht bahnt sich seinen Weg durch die Häuserfronten. Ich gehe ins Büro und suche die Schlüssel für die Zimmer raus. In 10 min kommen die Gäste. Also noch schnell das Malheur mit dem Blumenkasten beseitigen. Ich warte… Es vergeht Minute um Minute. Ich warte… Einige Zeit nach 6 Uhr komme ich auf die tolle Idee die Zimmer zu kontrollieren. Da hätte ich auch ehr drauf kommen können. Wer kann wissen ob die Räumlichkeiten vorzeigbar sind. Ich steige die weiße Steintreppe hinauf. Zimmer 9 ist für die Neuankömmlinge vorgesehen. Ich betätige die Klinke. Ratsch… Ich habe die Klinke in meiner Hand. Toll, ganz toll gemacht, André!. Ich kann mich schwach erinnern, dass dieses Problem schon während des Länderseminares akut war. Kein Problem sind ja noch genug Zimmer frei, bekommen sie halt eines mit Klinke. Zimmer 10 ist sauber und auf der gleichen Etage. Perfekt!
Ich warte… Der Zeiger meiner Armbanduhr bewegt sich auf 7 Uhr zu. Immer noch keine Gäste da. Ich warte und warte… Mittlerweile bin ich schon mehr als 3 Stunden hier und nichts ist passiert. So langsam stellt sich ein erstarkendes Hungergefühl bei mir ein. Geraume Zeit später wird aus diesem Gefühl eine wirklich unangenehme Sache. Ich beschließe die Tür mit einem großen Zettel zu beplanken.
Shalom G. Friedrich, bitte rufen Sie unter der Nummer 00972XXXXXX an. toda.
Schnell auf das Fahrrad und in die WG etwas Essen. Um 12:00 Uhr kommt die nächste Gruppe und wer weiß wann die letztendlich da sind. Weil ich der einzige bin der heute arbeiten muss, treffe ich auf alle meinen Mitbewohner. Teilweise noch in Schlafensachen frühstücken wir alle zusammen. Es gibt Rührei und Obst. Lecker… Erschreckend stelle ich fest, dass es schon wieder Zeit ist zum BBY zu fahren. Bis jetzt kein Anruf! Also Beeilung - nicht das die Gruppe, vor verschlossener Tür steht.
Im BBY angekommen heißt es wieder warten… So viel sinnlos rumgesessen wie an meinem ersten Arbeitsag in Israel habe ich die letzten 4 Jahre nicht! Ich warte… Gegen kurz nach 14:30 Uhr bekomme ich Zweifel ob ich alles richtig verstanden habe. Vielleicht liegt der Fehler bei mir. Also beschließe ich meine Chefin anzurufen. In der Hoffnung, dass sie zustimmt, berichte ich ihr von meinem Vorhaben um 14:00 Uhr in die Innenstadt zu gehen. In Ermangelung einer Arbeitstätigkeit tun dies meine Mitfreiwilligen bzw. -bewohner schon einen geraume Zeit. Mit heroischer Gelassenheit nehme ich die Nachricht entgegen, dass ich mindesten bis 16 Uhr im BBY bleiben muss. Also warte ich… Ich warte…

Meine 16 Uhr Zwischenbilanz lautet: Und wenn er nicht gestorben ist so wartet er noch heute…!


Update: Es ist jetzt 18:30 Uhr. Beende Arbeitstag. Gäste immer noch nicht eingetroffen.


Update:
19:18 Uhr, ich öffne gerade die WG Tür, mein Handy klingelt. "Ja Friedrich hier, wir wären dann da!" Also wieder auf das Fahrrad und zurück zum BBY.


Update:
Am nächsten Tag im BBY. Es klingelt und die zwei vermissten Gäste stehen vor der Tür. "Guten Morgen, leider war heute um 6:00 Uhr niemand hier!"